Wie können Finanzinstitute ihre Wertpapierkunden halten, die Kunden von morgen gewinnen und im Wettbewerb gegen die Neobroker bestehen? Darüber diskutierten Branchenexperten beim Executive Summit 2025 der dwpbank.
„Die Depotkunden erwarten heute niedrige Preise, schnelle Verfügbarkeit, eine überzeugende User Experience und transparente Kosten. Alle Banken stehen dadurch unter Druck.“ Mit dieser Bestandsaufnahme eröffnete Dr. Albrecht Reihlen, Leiter Kundenmanagement und Vertrieb bei der dwpbank, das Panel „Anlage 2030“ des Executive Summit. Was bedeutet das für die Institute?
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Mehr InformationenMarkus Reitmeier, Bereichsleiter Kapitalmärkte Privatkunden der DZ Bank, stellte fest, dass sich die Kundenerwartungen heute von denen vor zehn Jahren unterschieden, betonte jedoch auch:
Das Wertpapiergeschäft in der Gänze hat sich nicht verändert, es geht weiterhin um Vermögensaufbau, -ausbau und -sicherung.
Markus Reitmeier, Bereichsleiter Kapitalmärkte Privatkunden der DZ Bank
Der Kern des Wertpapiergeschäfts bleibt unverändert – der Kontext aber nicht. Finanzdienstleister müssten sich an ein verändertes Kundenverhalten anpassen und für alle Kunden die richtigen Leistungen anbieten. Sebastian Greif, Vorstandvorsitzender der Stadt-Sparkasse Solingen, sagte: „Wir brauchen innovative Prozesse, wir müssen mit dem Mainstream mitgehen.“ Zugleich seien aber menschliche Ansprechpartner wichtig – so sei im Hotel die persönliche Ansprache ein Mehrwert gegenüber dem automatisierten Einchecken. Greif machte deutlich, dass auch im digitalen Finanzgeschäft die persönliche Ansprache ein Differenzierungsmerkmal bleibe. „Wir müssen das Kundenverhalten analysieren, aber wir müssen auch schauen, wo ist unser USP, und das sind die Menschen vor Ort“, so Greif.
Eine internationale Perspektive steuerte Fernando Silva bei, Mitglied des Vorstands der Santander Consumer Bank AG: „Die Regulierung ist in ganz Europa gleich, aber ihre Umsetzung in Deutschland ist strenger. Wir müssen deshalb in Deutschland mehr Zeit investieren als anderswo.“ Was sie aber bei Santander länderübergreifend beobachten: Dass die Kunden in Beratungsgesprächen informierter seien als je zuvor.
Entscheidende Tore in der Nachspielzeit
Angesichts der wachsenden Konkurrenz der Neobroker stellte Dr. Albrecht Reihlen die Frage, ob das Rennen bereits entschieden sei.
„Wir haben die Chance, das Spiel noch zu drehen“, entgegnete Sebastian Greif. Der wirtschaftliche Niedergang der Regionalbanken sei schon oft vorhergesagt worden, sein eigenes Institut sei dennoch in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die Institute stünden vor der Aufgabe, ein breites Kundenspektrum abzudecken, denn: „Wir müssen uns auf junge Kunden einstellen, aber wir haben auch Kunden, die Vertrauen und Sicherheit brauchen.“ Auch Fernando Silva zeigte sich zuversichtlich. Dass die Neobroker die traditionellen Banken beim Depotwachstum derzeit übertreffen, begründete er so:
Wir sind zu langsam, die sind schneller. Und sie haben sich auf kleine Sparten fokussiert, während wir das Gesamtbild des Kunden sehen. Aber auch wir werden schneller.
Fernando Silva, Mitglied des Vorstands der Santander Consumer Bank AG
Markus Reitmeier stellte selbstkritisch fest, man habe sich in der Vergangenheit stark auf die bestehende Kundenstruktur konzentriert und junge, digital affine Kunden vernachlässigt. Zugleich betonte er: „Es ist gut, dass aus vielen jungen Sparern jetzt Anleger werden.“ Man müsse dies ernst nehmen und sich um diese Menschen kümmern, „dann schießen wir die entscheidenden Tore in der Nachspielzeit.“
USP statt Me-too
Neue Kundengruppen könnten auch ein verändertes Produktangebot und neue Vertriebswege erfordern, so Dr. Albrecht Reihlen. Welche Antworten haben die Institute? Markus Reitmeier sagte: „Erfolgsmodelle gibt es bei aktiv gemanagten Fonds wie bei ETFs.“ Das Entscheidende seien aber nicht die Produkte, sondern das Thema Anlegerverhalten.
Junge Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigten, erhielten ihre Informationen in der Regel nicht durch einen Bankberater, sondern durch Finfluencer. Bei der Depotstruktur einen Mehrwert zu bieten, ob in der persönlichen oder in der digitalen Beratung, sei der Hebel, mit dem sich die Institute unterscheiden können. Ein „Me-too-Angebot“ zu den Neobrokern sieht er als die falsche Antwort. Sebastian Greif ergänzte: „Wir müssen dem Technologiestudenten, der vier Influencern folgt und in ETFs und Einzelaktien investiert, die Möglichkeit geben, die Dinge bei uns umzusetzen.“ Er wies zudem darauf hin, dass im aktuellen Aufschwung am Aktienmarkt die Produktqualität praktisch keine Rolle gespielt habe:
Es mag eine Zeit kommen, in der es wieder anders wird und Beratung einen größeren Wert hat. Dann werden auch junge Kunden wieder eine zweite Meinung hören wollen.
Sebastian Greif, Vorstandvorsitzender der Stadt-Sparkasse Solingen
Fernando Silva berichtete von wachsendem Interesse am Wertpapiergeschäft angesichts der positiven Marktentwicklung. Er kündigte an, dass Santander ab dem kommenden Jahr in Deutschland unter dem Namen der Digitaltochter Openbank agieren werde. Im Gegensatz zu den Neobrokern werde dabei aber auch das Filialgeschäft eine wichtige Rolle spielen – 51 Prozent der Wertpapierkunden wollten irgendwann auch persönlich beraten werden. Er ergänzte: „Die Produkte entwickeln sich, sie werden sicherlich kundenfreundlicher und transparenter bei den Gebühren sein. Das ist der Trend und die Regulierung erwartet es auch von uns.“ Kunden sollen alle Möglichkeiten erhalten, Wertpapiere zu handeln – egal wo, wann und wie.
Die Diskussion machte deutlich, dass es nicht das Produkt ist, das den Unterschied macht, sondern der Mehrwert in der Beratung und die Fähigkeit, Kunden auf ihren digitalen und persönlichen Wegen abzuholen.
Von den Jungen lernen
Das gilt auch bei der Frage, wo sich Anlegerinnen und Anleger informieren. Dr. Albrecht Reihlen konstatierte, dass Finfluencer zunehmend die Finanzbildung junger Anleger prägen. Darum stellte er die Frage an das Panel, ob die Institute diesen Trend ignorieren, integrieren oder selbst gestalten? Vielleicht sei es sinnvoll, Finfluencer als Markenbotschafter ins Haus zu holen, so Greif: „Es muss gelingen, die jungen Kunden an ihren Touchpoints abzuholen.“ Markus Reitmeier sagte: „Wir müssen uns verändern, denn dort sind die Kunden, zumindest die jungen – nicht zwischen neun und 16 Uhr in der Filiale.“ Fernando Silva schlug in die gleiche Kerbe: „Wir müssen von der jungen Generation unheimlich viel lernen und vielleicht sogar eine andere Sprache benutzen.“
Sportsgeist und Partnerschaft sind gefragt
„Die Wettbewerbssituation ist offensichtlich“, stellte Dr. Albrecht Reihlen zum Abschluss der Diskussion fest. Aber der Sportsgeist der Institute seispürbar, diese Herausforderungen anzunehmen. Dabei sei das Wertpapiergeschäft vor allem ein Teamsport:
Euer Erfolg führt dazu, dass auch wir Erfolg haben. Wir möchten auch weiterhin viele Rollen für euch einnehmen – um es in der Sprache des Fußballs zu sagen: irgendwo zwischen Bundestrainer, Platzwart und Fitnesstrainer.
Dr. Albrecht Reihlen, Leiter Kundenmanagement und Vertrieb der dwpbank
Fernando Silva nahm den Ball auf und sagte an die Adresse der dwpbank gerichtet: „Bei euch tut sich unheimlich viel und das sehr schnell. Das gefällt uns, denn wir sehen, dass wir gemeinsam viel bewegen können. Euch als Partner an unserer Seite zu haben, hilft uns sehr.“